Das eigene Streitverhalten verstehen und verbessern. So wird ein Streitgespräch nie mehr zur Herausforderung!
Ein Streit in einer Beziehung ist völlig normal und auch kein Grund zur Sorge. Wichtig ist jedoch, dass dieser Streit vollständig aufgelöst wird.
Manche Verhaltensmuster in Streitsituationen erschweren uns die zielgerichtete Auflösung einer emotionalen Verletzung manchmal. Wenn jemand zum Beispiel einfach den Raum verlässt und wegfährt, kann der Konflikt nicht aufgelöst werden.
Natürlich gibt es ganz verschiedene Verhaltensweisen, die die Auflösung eines Konflikts erschweren können. Wir haben für euch die vier wichtigsten Beispiele herausgesucht und erklären euch, wie ihr damit umgehen könnt, wenn sich euer Partner genau so verhält.
Wenn ihr noch mehr zum Thema „Konflikt lösen“ erfahren möchtet, dann besucht uns gerne auf unserer Website unter https://www.lebensidealisten.de oder hört euch unsere anderen Podcast-Folgen an, die wir für euch erstellt haben.
Unterhalb findet ihr das Transkript dieser Folge.
Herzlich Willkommen in einem weiteren Podcast der Lebensidealisten. Mein Name ist Florian, ich bin Ina, wir beide sind Coaches und Paartherapeuten und wir wollen heute uns das Thema ansehen „besser miteinander streiten“. Wir wollen anhand von vier Beispielen von verschiedenen Streittypen bzw. verschiedenen Mustern, was im Streit / im Konflikt passiert, euch aufzeigen, warum dieses Muster nicht hilft einen Konflikt nachhaltig zu lösen und wie ihr vielleicht im ersten Step eine Verhaltensweise nutzen könnt, um das Ganze zu kompensieren oder erstmal in eine andere Bahn zu lenken, um das Ganze dann später auch nachhaltig zu lösen.
Inhalt im Überblick:
Erstes Verhaltensmuster: Laut werden und Herumschreien im Streit
Das erste Beispiel ist: Laut werden oder Herumschreien. Da kennst du bestimmt jemanden, der das für sich nutzt, dieses Muster hat und eher schnell die Stimme erhebt, wenn es Diskussionen ist, um die Meinung zu verdeutlichen. Oder halt wenn es zu viel Wut da ist, zu viel Ärger da ist, tatsächlich ins Schreien gerät. Das kann auf der Arbeit sein, das kann der cholerische Chef / der cholerische Vorgesetzte sein, das kann aber auch in der Beziehung passieren, dass der Partner oder die Partnerin laut wird in Konfliktsituationen.
Warum schreit man sich im Streit mit der Partnerin / dem Partner manchmal an?
Wie entsteht das Ganze? Das ist meistens eine Kombination wieder aus zu viel Wut und dazu meistens das Gefühl von Hilflosigkeit, Ohnmacht. Es geht irgendwie argumentativ nicht weiter, ich kriege das nicht hin den anderen auf ruhige Art und Weise zu vermitteln, was gebraucht wird oder der sieht es aus meiner Sicht einfach nicht ein, was da wichtig ist. Dann kann es passieren, dass dieses Herumschreien passiert. Auch das ist häufig etwas, was man bereits lange lange aufgebaut hat. Das kann sein, dass man das zum Beispiel bei seinen Eltern gesehen hat, dass diese sich häufig streiten und laut werden.
Wir hatten mal einen ganz tragischen Fall im Coaching, wo dieses Muster übernommen worden ist. Das lag daran, dass die Eltern sich immer gestritten haben und immer laut miteinander gewesen sind und irgendwann wurde es mal ruhiger. Die Eltern haben aufgehört miteinander zu streiten. Das war ein ganz komisches Gefühl für das Kind in dem Fall und dann haben sie sich getrennt. Daraus ist eine Angst entstanden. Daraus ist der Blickwinkel für das Kind entstanden (jetzt mittlerweile erwachsene Frau, selbst in einer Beziehung), dass Streit irgendwie zur Beziehung dazu gehört und es anscheinend dazu führt, dass man zusammenbleibt. Und wenn es ruhig wird und sich harmonisch anfühlt, dass das dann Richtung Trennung läuft. Dadurch ist bei ihr dieses streiten, herumschreien, laut werden entstanden, dass das irgendwie ein wichtiger Bestandteil für die Beziehung wäre. Das war ihr natürlich nicht bewusst. Das ist nichts, wo sie jetzt bewusst hätte ausgesprochen: „Ja, ich schreie auf jeden Fall in jeder Beziehung und werde immer laut, weil Streit gehört dazu und ist ganz wichtig, wer sich nicht streitet der trennt sich vermutlich.“ Sondern das ist ein unbewusst übernommenes Verhalten.
Was kann getan werden, um im Streit nicht mehr zu schreien?
Was kann man tun, um das Verhalten zu verändern? Man kann natürlich im ersten Step mal etwas zum Kompensieren suchen. Also wenn ich das Gefühl habe, dass da so viel Wut in mir steckt und ich eigentlich laut werden wollen würde oder merke schon, das passiert, gibt es verschiedene Möglichkeiten.
- Wenn man die Möglichkeit hat: Sport machen und sich abreagieren, das heißt irgendwie diese Wut so rauslassen.
- Man kann tatsächlich auch in der Vorstellung einfach innerlich den anderen anschreien, um das gar nicht nach außen zu tragen. Das macht meistens genau das gleiche Gefühl, als würde man es wirklich tun, weil wir ja zwischen Vorstellungen und real Erlebtem schwer unterscheiden können. Deswegen machen Filme bei uns auch ein Gefühl, obwohl wir eigentlich vom Kopf her wissen, das ist gescriptet. Da passiert nichts Schlimmes gerade oder die beiden lieben sich nicht wirklich, das ist alles gescriptet, trotzdem macht es bei uns ein Gefühl. Deswegen kann auch die Vorstellung, den anderen anzuschreien, ausreichend sein.
- Was meistens nicht gut funktioniert sind so Stoppwörter, das habe ich schon das eine oder andere mitbekommen, dass sowas versucht wird. Also das irgendein Wort dazu führen soll, dass dem anderen signalisiert wird „meine Grenze ist erreicht, du bist zu laut“. Da ist die Erfahrung, dass das den anderen meistens eher noch wütender macht und der noch lauter wird, weil er in seinem Drang jetzt die Sachen loszuwerden, das nicht kann.
Auslöser für das Herumschreien finden und nachhaltig lösen
Ansonsten ist natürlich ganz klar, dass man schauen muss, wo ist die Ursache für laut werden und dass man dahin zurückgeht, wo es mal gut war, wo das Rumstreiten noch nicht da war. Das kann sein, dass es im eigenen Leben war. Das kann sein, dass das bei den Eltern war, bei den Großeltern, die das noch nicht kennen, dass man sich anschreit. Und dass man dann schaut, welche emotionale Verletzung / welcher Konflikt hat dazu geführt, dass das entstanden ist und dass man dann diese Ursache löst. Dann kommt dieser Impuls gar nicht mehr so hoch, dann schießt diese Wut, die da ist, die schießt einfach nicht mehr so hoch, weil das Basisgefühl (dieses Basisgefühle, wo die ganze Wut und die schlechten Gefühle der Vergangenheit gespeichert ist, die vielleicht bei jedem Herumschreien mit raus schießt) gar nicht mehr da ist.
Man kann das auch immer ganz gut erkennen, wenn jemand herumschreit, wenn man den Blickwinkel ändert: Was ist das Bedürfnis dahinter, hinter dem Schrein? Das Bedürfnis ist häufig oder die Verletzung, die dahintersteckt: Ich werde nicht gesehen, ich werde nicht gehört. So herum kann man auch überlegen in der Beziehung, dann zu schauen: „Okay, wenn das der Grund ist, was hat dich denn mal verletzt, dass du jetzt laut werden musst? Also welche Verletzungen hast du, wo hast du das Gefühl gehabt, dass du nicht gesehen worden bist von mir oder nicht gehört worden bist?“
Zweites Verhaltensmuster: Bei Konflikten einfach den Raum verlassen
Jetzt kommen wir schon zum nächsten Beispiel: Weggehen. Also wenn jemand im Streit immer das Muster hat zum Beispiel den Autoschlüssel zu nehmen und zu sagen“ Okay, ich steige jetzt hier aus, ich fahre weg.“ Das kennen ja auch vielleicht einige von euch, das sind dann die Menschen, die dann einfach den Konflikt nicht aufrechterhalten wollen oder können und dann den Raum verlassen und wegfahren. Das erzeugt meistens beim anderen Partner / bei der anderen Partnerin sehr viel Wut, wenn jemand denn weggeht. Das ist auch ein Muster, wo beide sich eigentlich auch häufig hilflos fühlen. Der der weggeht fühlt sich hilflos, weil er aus den Konflikten heraus möchte, er fühlt sich nicht wohl. Das ist ja eine Fluchtreaktion. Und die Person, die zurückbleibt, fühlt sich auch hilflos, weil sie sagt „ich kann mit dir keinen Konflikt klären, du haust ja immer ab“. Also es ist eine ganz doofe Situation zwischen den beiden.
Warum ergreifen Menschen in Streitsituationen die Flucht?
Woher kommt das Verhalten? Auch wieder ähnlich, wie du das Beispiel davor beschrieben hast. Das kann ein Verhalten sein, was bekannt ist aus der eigenen Kindheit, wenn die Eltern so Konflikte geklärt haben. „Okay, Papa ist jetzt wieder abgehauen, der fährt eine runde um den Block, der kommt gleich wieder, muss mal runterkühlen.“ Dass man das so gesehen hat als Verhalten und selber dann in seiner eigenen Beziehung später auch anwendet, weil man vielleicht auch gesehen hat: Okay, Papa ist um den Block gefahren, dann kam er wieder, dann wurde aber nicht mehr darüber gesprochen und dann war wieder alles gut. Häufig werden danach die Konflikte auch nicht wirklich geklärt, sondern unter den Teppich gekehrt. Dann denkt man: So ist eine Konfliktlösung. Was natürlich auf Dauer keine wirklich nachhaltige Methode ist, einen Konflikt zu klären und das wissen häufig auch die Paare, die diese Problematik haben.
Manchmal liegt auch genau das Gegenbeispiel zum Herumschreien vor. Wo ich erzählte, dass jemand das Rumschreien kennengelernt hat, dann wurde still, dann die Trennung, dass er das andersrum kennengelernt hat. Erst war es harmonisch, dann wurden immer mehr gestritten und geschrien und dann kam die Trennung. Dadurch entsteht das Gefühl „okay, bevor ich jetzt in das Verhalten hineingeraten den anderen anzuschreien und laut zu werden, gehe ich lieber weg, dann bleibt es ruhig, dann ist Ruhe da“. Das vermindert die Angst, dass dann eine Trennung zum Beispiel entstehen könnte.
Was auch sehr spannend ist, was ich in den Coachings häufig erlebe, ist, dass jemand mit dem Muster wegzugehen auf jemanden trifft mit der Angst vor Verlust. Die matchen irgendwie miteinander zusammen und es ist so, dass dann immer noch bei dem, der eh schon die Verlustangst hat, immer wieder noch eine neue Verlustangst angetriggert hat, weil typischerweise, wenn die Menschen weggehen und das so als Muster drin ist, dann sind die meistens eine, zwei oder drei Stunden gar nicht erreichbar. Im Extremfall sogar mal einen, zwei oder drei Tage nicht erreichbar. Dann ghosten die sich kurzzeitig und das ist für den, der natürlich eine Verlustangst hat, ein ganz unerträglicher Moment.
Ist natürlich auch ein Familienkonstellationen ganz schwierig, wenn Kinder natürlich dann auch Fragen: Wo ist Papa? Wo ist Mama denn jetzt hin? Weil man dann ja auch wieder in Erklärungsnot kommt, die sehr schwierig ist.
Konflikten zukünftig nicht mehr aus dem Weg gehen: So funktioniert es!
Auch da gilt zum Lösen nochmal das gleiche wie beim ersten Beispiel. Wir müssen schauen wo war es mal gut, was hat dieses Gefühl ausgelöst und müssen da die Ursache verändern. Das ist ganz wichtig. Beim ersten waren wir halt einfach nur in der Krisensituation, gehen wir in den Angriffsmodus. Das zweite Beispiel des Weggehen ist halt der Flugmodus. Meistens, wenn wir uns in die Ecke gedrängt, hilflos und ohnmächtig fühlen, dann gehen wir entweder im Angriff oder eine Flucht über. Und manche flüchten auch ganz bewusst wie zum Beispiel in längere Arbeitszeiten. Wenn man weiß zu Hause sind Konflikte, wenn ich jetzt nach Hause komme, da möchte jemand mit mir wieder reden, dann bin ich wieder in einer Position, die mir ein ungutes Gefühl macht, da arbeite ich lieber länger. Also in der Form geht es auch, das ein Weggehen eine Regelmäßigkeit hat.
Drittes Verhaltensmuster: Vorwürfe und Anschuldigungen im Streit
Beispiel Nummer drei, kommen wir zum nächsten Teil. Das ist das Vorwürfe machen, was auch häufig vorkommt. Vorwürfe entstehen im Regelfall ja auch dadurch, dass ich mich vorher auch wieder nicht anerkannt und gewertschätzt gefühlt hab und ich deswegen dem anderen vielleicht Feedback geben möchte, kritisieren möchte, vielleicht hab ich sogar eine positive Absicht (ich hab immer eine positive Absicht), aber es kommt sprachlich und von der Haltung nicht so an. Das heißt, meistens wählt man Worte, die eher eine Schuld dem anderen zuweisen: Du hast…, du bist…, du machst nicht…, nie… . Dann kommst du zu Verallgemeinerungen, die ist auch immer für den anderen ganz schlimm machen: Nie machst du…, immer… . Das kommt einfach als Vorwurf an.
Warum macht man der Partnerin / dem Partner überhaupt einen Vorwurf?
Ich glaube auch Vorwürfe entstehen viel, weil wir ja wie gesagt unterschiedliche Wahrnehmung haben von dem Leben, von unserem Alltag, aber auch Erwartungshaltungen dauerhaft aufbauen. Also immer wieder eine Erwartungshaltung zum Partner haben, die häufig leider nicht ausgesprochen wird und die dann aber in einem Vorwurf deutlich wird, weil die Enttäuschung da ist und weil ich dann nicht mehr normal, also wertschätzend kommunizieren kann, respektvoll kommunizieren kann. Sondern das hat so in mir drin gebrodelt und jetzt ist das doch nicht eingetreten und immer wieder Erfahrungswerte gesammelt werden, die meine Erwartung sozusagen bestätigen, die dann nicht eintritt. Und dann kommt es zu Vorwürfen und im schlimmsten Fall oder am Ende der Konfliktspirale zu diesen Rundumschlägen, die ja eigentlich viele Paare kennen. Vielleicht kennt ihr das auch, so ein Sammelsurium von Vorwürfen, von Beschuldigungen sind, die immer wieder aufgewärmt werden, meistens über Jahre gesammelt.
Dieses Verhalten entsteht meistens dadurch an der Stelle, dass man einfach eine positive Absicht hat. Man möchte ja eigentlich was an der Beziehung verändern und verbessern. Meistens möchte man gar keinen Vorwurf machen, sondern eigentlich einen Wunsch an den anderen richten oder dem anderen ein Feedback geben, was dann aber als starke Kritik oder Vorwurf ankommt. Also im Regelfall sagt man ja nicht, wenn mein Partner nach Hause kommt, dann werde ich ihm mal einige Vorwürfe machen. Sondern man hat ja das Gefühl, wenn mein Partner nach Hause kommt, dann werde ich mal Feedback zu dem Thema geben.
So kommuniziert ihr harmonischer und ganz ohne Vorwürfe!
Und wie kann man das besser machen oder verändern?
Schritt 1: Überprüfen, ob eine emotionale Verletzung vorliegt
Indem man erstmal sich ganz genau anschaut: Liegt bei mir eine emotionale Verletzung vor, hat es bei mir wirklich ein stärkeres, ungutes Gefühl gemacht, was eigentlich gelöst werden muss? Oder ist es wirklich einfach nur eine Situation, auf die ich ein Feedback geben möchte? Weil das ist ein ganz großer Unterschied in der eigenen Haltung. Das wird der Partner spüren, ob eine Verletzung zugrunde liegt und dann wird die Haltung so sein, dass das als Vorwurf ankommt, obwohl ein Wunsch gemeint ist. Das heißt sobald ich mich verletzt fühle, kann ich eigentlich keinen Wunsch mehr äußern. Dann muss ich erstmal die Verletzung auflösen und einfach mitteilen: Welches Gefühl macht das denn bei mir? Wenn einfach abgesprochen war, dass der Partner oder die Partnerin den Geschirrspüler ausgeräumt und das hat er nicht gemacht und das macht mir einfach ein bisschen Stress und ist doof, dass es nicht geklappt hat, dann kann ich das natürlich durchaus als Feedback wiedergeben und sagen: „Das haben wir vereinbart, das hat nicht geklappt. Ich wünsche mir, dass es in Zukunft besser klappt, bevor das irgendwann bei mir ein ungutes Gefühl macht.“ Dann geht das noch. Aber ist immer - man merkt das schon selber - in der eigenen Haltung und in der eigenen Aussprache.
Schritt 2: Die Situation innerlich vorspielen und überprüfen
Was kann man auch noch vielleicht ganz praktisch tun? Mal sich innerlich das selber vorspielen, also innerlich einmal sich vorstellen, wie wäre das, wenn mein Partner jetzt da ist und ich dem das mitteilen möchte. Und sich dann in die Rolle des anderen versetzen und zu prüfen: Wird das bei mir oder bei dem als Vorwurf ankommen oder kommt das als Wunsch an? Und wie meine ich es eigentlich? Also ist es eine Verletzung, ist ein Feedback? Kann ich bei mir bleiben und sagen das macht bei mir ein ungutes Gefühl, anstatt zu sagen „du hast…“, „du bist…“, „nie räumst du auf“? Also sich selber hinterfragen.
Schritt 3: Bereitschaft der Partnerin / des Partners erfragen
Und im letzten Step zu schauen, dass man wieder keine äußeren Einflüsse reinbekommt. Also den Partner einmal kurz fragen: „Hey, ich würde gern ein Feedback geben, bist du gerade bereit dafür?“ Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Super wichtig, weil man kennt das ja man, kommt nach Hause - jetzt nehmen wir mal den Geschirrspüler-Beispiel - und jemand steht dann noch halb in der Jacke, will auf Toilette gehen, weil er eine lange Autofahrt hatte, vielleicht noch Hunger hat und dann sagt noch meine Partnerin / mein Partner „du wolltest heute morgen noch den Geschirrspüler ausräumen“. Das ist ja keine Haltung oder keine Art, die ich in dem Moment gut aufnehmen kann. Weil ich auf das Feedback nicht vorbereitet bin, ich wurde nicht gefragt „bist du bereit für Feedback?“. Häufig, wenn man ehrlich ist, wenn man dann gefragt wird „bist du bereit für Feedback?“ ist man manchmal einfach nicht bereit. Dann möchte man erst einmal ankommen zu Hause, möchte vielleicht eine Kleinigkeit essen. Also bei mir ist es zum Beispiel so, wenn ich hungrig bin, ich würde dann Feedback bekommen, würde das ganz anders wirken, als wenn ich etwas gegessen hätte und würde dann Feedback bekommen. Das ist von der Stimmung was ganz anderes.
Viele beschreiben aber auch den Stress von der Arbeit natürlich als etwas, was erstmal abgebaut werden muss. Wenn man ein paar doofe Kundengespräche hatte, die nicht gut gelaufen sind, man hat ein negatives Feedback vom Chef bekommen, dann ist es vielleicht erstmal so, dass erst einmal Zeit gebraucht wird, das zu verarbeiten. Ansonsten fliegt demjenigen, der Feedback geben möchte, das auch noch mit um die Ohren, was da gar nicht hingehört.
Viertes Verhaltensmuster: Konflikte totschweigen
Nächstes Beispiel: Stumm sein, nichts zum Konflikt sagen. Also die Menschen, die ins Schweigen gehen. Das haben wir auch sehr häufig, dass häufig ein Part der Beziehung den Konflikt unbedingt schnellstmöglich lösen möchte und der andere sich da überfordert fühlt mit und dann ins Schweigen geht, was für den anderen / die andere damit schwer auszuhalten ist. Weil schweigen ja für viele Menschen auch, dass ist ja wie ignorieren, das Schlimmste ist, was man machen kann. Also das ist eine Ausschluss und damit ja eine sehr starke Systemgesetzverletzung, wie wir es nennen. Und damit auch immer schnell eine Hilflosigkeit mitkommt. Also wenn mein Partner nicht mehr spricht mit mir und mich ignoriert, ich das Gefühl habe ich komme nicht mehr an ihn heran, dann macht mich das in einem gewissen Level hilflos und wütend. Dann kommt die Wut hoch, weil ich möchte das erklären, ich spüre die Last in mir und das ist natürlich einfach für die ganze Partnerschaft sehr anstrengend.
Warum werden manche Menschen in Konflikten stumm und behalten ihre Meinung für sich?
Woher kommt das Verhalten? Da auch wieder verschiedene Möglichkeiten, es gibt nicht diesen einen Fall, wo man sagt, daher kommt das immer. Man muss das immer so ein bisschen analysieren und schauen. Häufig ein Verhalten, das mit der Zeit lang angeeignet worden ist, weil man das so kennt.
Es ist würde ich sagen, obwohl wir nicht so klischeemäßig sprechen, häufiger oder tendenziell eher eine Männersache ins Schweigen zu gehen, meiner Erfahrung nach. Und in meiner Nähe sind das die Frauen, die daran verzweifeln und sagen „du sprichst dann ja nicht mehr mit mir“. Wie ist deine Erfahrung? Also das kommt glaube ich darauf an, wie die Prägung ist, weil wenn es beim Mann auftritt, ist es glaube ich häufig eher an die Emotionen gekoppelt. Die Frau möchte über ihre Emotionen sprechen und möchte das gerne verändern und ihr ungutes Gefühl wieder loswerden.
Und ich glaube - kann auch wieder ein Schubladendenken sein - aber über die Paare, die wir betreut haben, würde ich sagen die Männer wollen das eher ein Stück weit beiseiteschieben und Gras drüber wachsen lassen. Wenn das bei den Frauen auftritt, dass die Frauen ins Schweigen gehen und nichts zum Konflikt sagen, dann ist es aus meiner Erfahrung eher so ein Stück weit der Wunsch nach Harmonie und Angst vor Konflikten. Also das man vielleicht schon häufig von der Mutter so eine Harmoniesucht vielleicht sogar kennengelernt hat und einfach an Konflikten, Streit als was ganz schlimmes gesehen wird und man dadurch möglichst schnell versucht das Ganze zu unterbinden und dann lieber nichts sagt ,als dass man dann vielleicht mit seiner eigenen Meinung noch mal wieder aneckt und dann neue Diskussionspunkte eröffnet.
Wie kann man der Angst vor Konflikten am besten begegnen?
Da auch zu schauen: Wo kommt das her? Das zu analysieren, aus welcher Prägung, welche Glaubenssätze bestehen da? Weil dann kann man natürlich auch dementsprechend handeln.
Also was kann man besser machen und wie kann man sich besser verhalten? Da ist natürlich ganz wichtig: Aussprechen, was ist. Also der Idealzustand ist ja nachher, dass man Konflikte nicht mit weggehen, schweigen, herumschreien, Vorwürfen löst, sondern dass man anspricht, wenn ein ungutes Gefühl entsteht und das direkt auch ausspricht und damit auch diese Verbindung in der Kommunikation immer aufrechterhalten ist. Also ich immer das Vertrauen habe, alles was bei mir ein ungutes Gefühl macht, kann ich ansprechen und bekomme dann aber auch eine wertschätzende und respektvolle Haltung vom Gegenüber. Es wird gesehen, es wird nicht gesagt „von wegen du wieder, jetzt macht das wieder Bauchschmerzen“ und „das ist ein Problem bei dir, ich hab das ja gar nicht und ich hab das noch nicht gesagt“, sondern dass man da wirklich gut drüber sprechen kann und das auch als Last immer wieder loswerden kann.
Tipps für Gespräche, in denen die Partnerin / der Partner eine der Verhaltensweisen zeigt
Wichtig ist glaube ich nochmal darauf zu schauen, wie man sich auch als Partner oder Partnerin verhält, wenn mein Partner oder meine Partnerin dieses Verhalten zeigt und ich eigentlich anders damit umgehen wollen würde. Also wenn ich das Gefühl hab, ich möchte eigentlich offen und konstruktiv darüber sprechen, mein Partner oder meine Partnerin kann das aber vielleicht nicht. Dass man dann schaut, wie geht man damit um.
Beim Beispiel eins und drei, also Herumschreien und Vorwürfe machen. sind wir vielleicht eher im Angriffsmodus. Das heißt derjenige braucht vielleicht etwas zum Kompensieren. Der muss das innerlich für sich vielleicht erstmal machen, der muss vielleicht schnell Sport machen gehen, was auch immer gebraucht wird, damit der das entweichen kann. Dem zu sagen „jetzt bleib mal ruhig, hör mal auf, fahr mal runter“ wird im Regelfall denjenigen noch wütender machen. Der muss das tatsächlich erst mal auf irgendeine Art und Weise loswerden, bis das so ist, dass die Ursache geklärt ist und nicht mehr so viel Wut rauskommt. Wichtig ist einfach sich nochmal bewusst zu machen, dass das nicht nur dieser eine Situation gerade geschuldet ist, sondern, dass wenn dieser Angriffsmodus entsteht, einfach schon ganz viele Gefühle von davor mit ins Spiel kommen. Nicht alles von dieser Wut gehört gerade zum Partner.
Beim Beispiel zwei und vier, wo es ja eher eine Flucht ist, also wegzugehen oder stumm zu sein, da hilft es auch wieder nicht den Partner aufzufordern „jetzt bleib hier, jetzt sprich endlich mit mir“. Das wird auch wieder Druck und Ängste auslösen und eher einen Gegendruck erzeugen, dass derjenige das nicht machen wird. Das heißt, der braucht tatsächlich seine Ruhe und dann macht es aber auch keinen Sinn das Ganze danach totzuschweigen, sondern in der Ruhe, wenn die Emotionen auch wieder runtergefahren sind, den Konflikt erneut anzusprechen, Bereitschaft zu erfragen und mitzuteilen, dass das fürs eigene Gefühl ganz wichtig ist, das jetzt zu lösen, um am Ende auch wieder ein starkes gemeinsames Paar zu bilden. Und dann auch hier, gleiches Thema wie bei eins und drei, die Ursache sollte gelöst werden. Also schauen, wann es dieses Muster entstanden und wie kann ich das dann ganz nachhaltig verändern, sodass in mir gar nicht mehr der Impuls hochkommt und der Drang rumzuschreien, wegzugehen, Vorwürfe zu machen oder stumm zu sein. Das war doch ein schönes Abschlusswort.
Unser Fazit
Schön, dass du / dass ihr zugehört habt. Wir hoffen, dass ihr einen spannenden Impuls vielleicht mitnehmen konntet und freuen uns auf den nächsten Podcast. Und wenn euch eines dieser Beispiele an euch selbst erinnert oder an den Partner / die Partnerin erinnert, könnt ihr uns natürlich gerne anschreiben. Gerne gehen wir nochmal detailliert auf Fragen ein, wenn euch eines dieser Themen besonders interessiert und noch nicht tiefgreifend genug war. Bis zum nächsten Mal! Bis dann!